Erklärung zur Nachttanzdemo am 09.04.16 in Münster und den nächtlichen Ereignissen danach

Pressemitteilung

Da sich die münsteraner Presseorgane schwer tun eine ausgewogene Berichterstattung abzuliefern und stattdessen der Polizei nachplappern ist es notwendig, dass wir uns zu der Demonstration ‚Step up 2 the streets- Holen wir uns die Stadt zurück!‘ und den Geschehnissen danach äußern.

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Auf dem Bremer Platz versammelten sich gegen 19:30 Uhr die Teilnehmer*innen der Nachttanzdemo und starteten, nachdem die technischen Probleme beseitigt waren, enthusiastisch und entschlossen Richtung Innenstadt. Begleitet wurde die Nachttanzdemo durch ein unangemessen hohes Polizeiaufgebot von ca. 25 Polizeiwannen, welches ganz deutlich zur Einschüchterung eingesetzt werden sollte.
Die Demonstrierenden ließen sich jedoch nicht beirren und zogen u.a. „Münster braucht ein soziales Zentrum!“- rufend zur Stubengasse.

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Dort wurde ein Redebeitrag, in dem die Forderungen der Demo nach selbstverwalteten, unkommerziellen Räumen, sprich eines (oder mehrerer!) Sozialer Zentren, thematisiert wurden.
Die Sozialen Zentren ‚Zollamt‘ und ‚Alte Post‘ wurden nach kurzer Zeit gewaltsam von der Polizei geräumt, während Wohn-und Kulturräume durch Gentrifizierung unbezahlbar werden. Besonders im Hafenviertel kaufen Investor*innen Grundstücke auf und verdrängen Menschen, Kultur und bezahlbaren Wohnraum. Auf dem Gelände der Alten Post können Räume für Treffpunkte, selbstverwaltete Cafés, Kultur, Gärten, Musik und politische Organisierung entstehen. Stattdessen wird die Supermarkt-Dichte erhöht und ein Edeka-Center gegen den Willen der Hafenbewohner*innen gebaut. Die B-Side am Hafen bleibt einer der letzten Orte im Viertel, wo Menschen unkommerziell und selbstbestimmt kreativ sein können.

In der Rede wurde eine Organisierung der Stadt von unten vorgeschlagen, in der Räume und Projekte nach den Vorstellungen und Bedürfnissen der Menschen gestaltet werden können, die in dieser Stadt leben.

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Dazu gehören alle Menschen, unabhängig von ihrem ‚offiziellen‘ Aufenthaltsstatus. Polizei und Justiz gehören zu den Repressionsorganen, die einen strukturellen und institutionellen Rassismus, z.B. durch racial profiling, zementieren. Gegen diese und andere Formen von Polizeigewalt wendete sich die Demonstration. Der Redebeitrag wurde begeistert von den Teilnehmer*innen der Nachttanzdemo aufgenommen und spiegelte wahrscheinlich für Viele die eigenen Gedanken und Gefühle wieder. Schön war zu sehen, dass viele unterschiedliche Menschen an dem Protest teilnahmen und es nicht nur eine kleine szenetypische Veranstaltung wurde. So tanzten ältere Menschen, Studierende, Kinder, mit Leuten aus dem Hafenviertel für mehr Freiräume in Münster.

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Die Nachttanzdemo zog dann mit guter Stimmung weiter zur ehemals besetzten Alten Post und fand einen schönen Abschlusstanz mit ca. 350 Menschen. Danach wurde die Demonstration aufgelöst.

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Laut Presse brannten im späteren Verlauf des Abends mehrere Autos in der Nähe des Hafens, u.a.ein Mercedes, der vollständig ausbrannte , es wurden Scheiben eingeschlagen und kleine Barrikaden errichtet, wobei es, laut Polizei, zu einem Schaden von mehr als 10.000 € kam.
Panikartig reagierte die Polizei mit wahllosen Kontrollen und Verhaftungen und versuchte die Demoteilnehmer*innen zu kriminalisieren. Dabei wurde willkürlich eine Verbindung von Demo und brennenden Fahrzeugen hergestellt, welche durch eine einseitige Pressearbeit in die Öffentlichkeit getragen wurde. Presse und Polizei scheinen auch keine Unschuldsvermutung zu kennen und bezeichnen die festgenommen Menschen bereits als ‚Täter‘.

An diesem Tag erlebte Münster verschiedene Widerstandsformen, die alle ihre Berechtigung haben.

Symbolhaft brannten direkt am gentrifizierten Hafen die Luxusautos vor den hilflosen Augen der Polizei. Zuvor tanzten und demonstrierten Menschen für Freiräume und Selbstverwaltung.

Wenn alle parlamentarischen Mittel ausgeschöpft sind und die Stadt die Bedürfnisse und das ‚Nein!‘ der Bewohner*innen des Hafenviertels ignoriert, brauch sich keine*r wundern, wenn Autos brennen. Was von der Presse als Gewalt und Eskalation bezeichnet wird, ist ein emanzipatorischer, befreiender Akt gewesen, der die gutbürgerliche Ordnung Münsters angriff.
Junge Union und Junge Alternative Münster sind so einig, dass sie gemeinsam verlautbaren: „Wir haben kein Problem mit Polizeigewalt, sondern mit gewaltbereiten Linken.“
Über Gewalt können wir gerne sprechen, jedoch sollten wir bei der strukturellen Gewalt anfangen, die tagtäglich Menschen unterdrückt.
Die Berichterstattung nach den Ereignissen am 09.04. war wenig erhellend, verdeutlichte nur, dass Politiker*innen wie Stefan Leschniok versuchen legitimen Protest, in welcher Form er auch geäußert wird, zu entpolitisieren und aus dem Zusammenhang zu reißen. Der sicherheitspolitische Sprecher der CDU ließ sich zu der peinlichen Aussage hinreißen: „Jeder Extremist ist Mist, egal ob rechts oder links.“ und reiht sich damit brav in die Reihen der unreflektierten, systemerhaltenden Schreibtischtäter*innen ein.

Wir sind dankbar für alle Menschen, die am 9. April auf die Straße gegangen sind, die von außerhalb angereist sind, die ihren Protest lautstark, kreativ und militant geäußert haben. Mit euch allen haben wir eine fröhliche, entschlossene und ermutigende Stimmung geschaffen.

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Diese Demo war wichtig für uns, für die Bewegung, für die Stadt.

Wir machen weiter und holen uns die Stadt zurück!